Wanderlust im Homeoffice: Ein Ausflug nach Dänemark
Wanderlust im Homeoffice: Ein Ausflug nach Dänemark
Spannende Fakten und Tipps für mehr Produktivität und Kreativität bei der Arbeit. Was können wir uns von den glücklichen DänInnen abschauen?
Vor einiger Zeit habe ich ein neues Traumurlaubsziel entdeckt: Die wunderschönen Strände von Loekken in Dänemark haben meine Wanderlust entfacht. Als Wirtschafts- und Arbeitspsychologin interessierte mich dieses Land schon vorher, da die DänInnen für eine besonders hohe Arbeitszufriedenheit bekannt sind. Nach dem OECD Better Life Index weist Dänemark regelmäßige die besten Werte für die work-life balance der ArbeitnehmerInnen auf.
Als Gründe dafür werden vorallem eine hohe Flexibilität bezüglich Arbeitszeiten- und orte gesehen. Kein Wunder. So arbeiteten die DänInnen bereits vor Corona häufiger im Homeoffice als andere Länder. Wer frei darüber entscheiden kann, wo er wann seine Arbeit erledigt, erlebt Autonomie und Selbstbestimmung – nach arbeitspsychologischen Theorien sind das mit die Schlüsselfaktoren für Arbeitszufriedenheit. Und es scheint auch bei uns in Deutschland zu funktionieren. Studien zeigen, dass die Produktivität der ArbeitnehmerInnen im Homeoffice nicht leidet. Warum ist Homeoffice so beliebt? Eine mögliche Antwort lautet:
‚Arbeit geschieht nicht im Büro‘
Das sagt Jason Fried. Auf die Frage, wo Personen hingehen, wenn sie etwas Wichtiges zu erledigen haben, antworteten ihm die meisten Leute nicht, dass sie dafür ins Büro fahren würden. Er stellt fest, dass wir im dort mit mehreren verschiedenen Arbeitsmomenten beschäftigt sind und selten länger als 15 Minuten konzentriert an einer (kreativen) Aufgabe arbeiten: „Warum erwarten wir, dass Leute gut arbeiten, wenn sie im Büro die ganze Zeit unterbrochen werden?“ Hier der TED-Talk von Fried dazu.
Manager und Meetings seien dabei die schlimmsten Ablenkungsquellen, laut Fried ;) Also arbeiten wir manchmal auch von unterwegs, zu Hause oder früh morgens, wenn noch keiner im Büro ist. Fried schlägt daher einen „no-talk thursday“, einen stillen Donnerstag, im Monat vor. Ein Tag ohne Anrufe, Meetings oder Unterbrechungen. Tatsächlich beeinflussen Arbeitsunterbrechungen – ob durch andere oder sich selbst verursacht – die Konzentrationsfähigkeit nachweislich negativ und steigern das individuelle Stressempfinden. In eine unterbrochene Tätigkeit physisch und gedanklich wieder zurückzufinden, kostet es jedes Mal mehrere wertvolle Minuten!
Zurück zu den DänInnen. Sie haben sich hiervon inspirieren lassen: Meik Wiking, CEO des Instituts für Glückforschung in Kopenhagen, probierte Frieds Idee mit seinem Team aus. Sie modifizierten den Ansatz und richteten im Büroalltag tägliche Kreativzonen ein, in denen sie ihre Arbeit zwei Stunden ohne Unterbrechungen erledigten. Ihr Urteil fiel positiv aus: Sie waren produktiver und empfanden die Phasen als wohltuend und nützlich.
Wir könnten also in weniger Zeit effektiver arbeiten, wenn wir beispielsweise nicht so oft unterbrochen werden. Einzelne Ländern haben bereits ausprobiert wie sich eine reduzierte wöchentliche Arbeitsstundenanzahl auf Leistung, Zufriedenheit und Gesundheit auswirkt. Alle drei Bereiche profitieren davon und das Unternehmen auch, da aufgrund der minimierten Anweisenheit der ArbeitnehmerInnen sogar noch Kosten eingespart wurden (z.B. Strom).
Kommt jetzt der kurze Arbeitstag für alle?
Tatsächlich würde diese Arbeitsform auch mit unserem natürlichen Leistungsverlauf in Einklang stehen. So wird davon ausgegangen, dass Konzentrationsphasen in Wachphasen analog unsereres Schlafzyklus verlaufen. Ein vollständiger Zyklus dauert nachts etwa 90 Minuten und enthält verschiedene Schlafphasen. Forscher gehen davon aus, dass unser Körper auch im Wachzustand innerhalb von 90 Minuten abwechselnd Phasen erhöhter und weniger erhöhter Konzentrationsfähigkeit durchläuft. Wie kommen wir nun auf einen kurzen Arbeitstag von beispielsweise sechs Stunden?
Ein schwedischer Psychologie-Professor konnte den Leistungsverlauf bestätigen: Elite-Performer aus Sport und Musik trainierten in solchen 90-Minuten Zyklen. Zwischen zwei Zyklen machten sie eine Pause und arbeiteten insgesamt selten mehr als viereinhalb Stunden am Tag. So konnte eine erhöhte Leistungsfähigkeit über eine längere Zeit aufrechterhalten werden. Dies gilt also ähnlich auch für eure Konzentrationsfähigkeit am Arbeitsplatz.
Wenn die vorhandene Zeit effektiv genutzt wird, also mit wenig störender Unterbrechungen und klaren Aufgabenfokus unter Berücksichtigung des natürlichen Leistungsverlauf, können die anfallenden Aufgaben vermutlich auch in weniger als den typischen acht Arbeitsstunden erledigt werden. So wissen wir alle insgeheim, dass wir oft unsere Zeit mit unnötigen Kleinkram verbringen, der die Arbeit nicht wesentlich vorranbringt. Was kann sich nun jeder davon für die Arbeit im Büro abschauen?
Eine bekannte Methode, die die Arbeitsproduktivität steigern soll, ist die Pomodoro-Technik. Sie orientiert sich an den genannten Befunden und wechselt regelmäßig Konzentrationsphasen mit kurzen Pausen ab. Für jeden Arbeitsblock wird ein Timer gestellt, der an Beginn und Ende der jeweiligen Phase erinnert. Es geht hierbei nicht darum, Zeitdruck zu erzeugen. Sondern darum, ein Bewusstsein für die verfügbare Zeit zu entwickeln, diese nicht sinnlos zu verschwenden und strukturiert mit den eigenen Aufgaben vorzugehen. Gleichzeitig wird die natürliche Konzentrationsfähigkeit optimal genutzt und nicht überansprucht.
Ob du deinen Arbeitgeber damit überzeugen kannst, ab jetzt nur noch sechs Stunden pro Tag zu arbeiten? … vermutlich nicht. Für dein persönliches Workloadmanagement und mehr Zufriedenheit aufgrund der erfolgreich erledigten Aufgaben hilft diese Strategie aber mit Sicherheit. Und sie erinnert dich daran, regelmäßig Pausen einzulegen. Diese sind unheimlich wichtig und zahlen sich langfristig aus!
Mehr Zeit für Wanderlust und Kreativität
Wenn du deine vorhandene Zeit effektiv für Arbeitsaufgaben nutzt, bleibt dir mehr Zeit für kreative Fragestellungen. Hierbei gilt: Lass die Gedanken auch mal wandern (engl.: mind wandering)!
Wo kommst du auf die besten Ideen? Vielleicht unter der Dusche oder bei einem Spaziergang durch den Wald? Meistens kommen wir dann auf gute Ideen, wenn unsere Gedanken umherschweifen und wir nicht auf Knopfdruck Ideen generieren wollen. Oft dann, wenn wir etwas sehr Einfaches oder fast Langweiliges tun.
Manchmal hilft es auch, die Arbeitsumgebung zu wechseln. Was spricht gegen eine Stunde mit dem Laptop im Lieblingscafé oder im Grünen? Vielleicht stillt das auch ein bisschen die Wanderlust, wenn der nächste Urlaub noch auf sich warten lässt. Nutze also die Möglichkeiten, die dir das zeitlich und örtlich flexible Arbeiten eröffnet und finde die Strukturen, die dich in deinem Job glücklichen machen.
Sprich doch auch mal mit deinen KollegInnen und deinem Chef darüber, wie ihr als Team aus der Ferne zusammenarbeiten möchtet. Tipps, um den Austausch dazu zu gestalten, gibt es hier in meinem Artikel zu virtueller Zusammenarbeit im Homeoffice.
Wer schreibt hier?
Hi, ich bin Franzi! Als Psychologin, Systemische Coach und Beraterin begleite ich die persönliche und berufliche Entwicklung von Teams und Führungskräften in Workshops oder Business Coachings. Gemeinsam mit mir findet ihr heraus, was ihr braucht, um gut arbeiten zu können. Damit möchte ich zu einer modernen Arbeitswelt beitragen, attraktive Unternehmenskulturen entwickeln und mehr Freude, Wohlbefinden und Erfolg im Job erreichen. Mehr über mich liest du hier.
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